Sonntag, 16. Januar 2005

Festhalten, Wegdrücken, Knutschen, ins Bett

(Fortsetzung) - Wir näherten uns dem Haus, wo sie erst kurz zuvor allein eine kleine Wohnung bezogen hatte. Ich war in der Gegend noch nie gewesen. Nun machte ich mir doch so meine Gedanken, wie ich an sie rankommen sollte. Ich war nahezu unerfahren in so was (und bin es bis heute im wesentlichen geblieben). Später erzählte sie mir, daß sie gespürt hat, daß mit mir was ist. Ich sagte nämlich immer weniger. Ich zitterte (das merkte zunächst nur ich). Und nun: das ist mir in meinem bisherigen Leben dann nur noch ein weiteres Mal vorgekommen: Sie fragte mich, ob ich noch mit hochkommen wolle. Morgens halb fünf. Möglicherweise sagte sie auch „auf einen Tee mit hoch”. Ich sagte „ja”. Ich folgte ihr durchs Treppenhaus. Merkte nur, daß das geschieht, war mir aber nicht sicher, was hier nun im Gange war.

Oben gab sie mir zunächst das englische Rasierwasser. Sie schenkte es mir! Tatsächlich setzte sie schwarzen Tee auf. Morgens kurz nach halb fünf. Den brachte sie dann. Wir unterhielten uns. Das hatten wir schon den ganzen Abend getan. Sie saß auf dem Fußboden, ich auf einem Stuhl. Ich setze mich nie auf den Fußboden. Sie war nicht ich Reichweite. Sie hat was gespürt, deswegen die Distanz. Ich sagte: „Setz dich doch hierher.” Sie setzte sich neben mich aufs Sofa. Wir unterhielten uns. Wir setzten beide unseren Tee ab. Ich ergriff mit meiner linken ihre rechte Hand. So etwas hatte ich noch nie gemacht. Es gab keine kühle Überlegung mehr. Es geschah nur etwas in Trance. Meine Hand zitterte. Mein Atem zitterte. Sie hielt meine Hand sehr fest und schob sie zurück. Diese Muskelspannung. Es war ambivalent, für einen Moment. Schob sie mich nun kräftig zurück oder wollte sie mich nicht loslassen? Oder beides? Ich war in einem Rausch. Wir sagten nichts. Wir küßten uns. Wir küßten uns sehr. Wir küßten uns halb auf dem Sofa und halb auf dem Boden. Was dann verhandelt wurde, weiß ich nicht mehr hundertprozentig. Sie sagte mir, daß sie (noch) nicht mit mir schlafen wolle. Ich sagte ihr, daß sie mir vertrauen könne, wenn ich sage, ich würde gern mit ihr im Bett sein, ohne daß ich eindringe. Ich habe sie nachhaltig damit beeindruckt, daß ich mich daran gehalten habe. Sie zog sich sehr schnell aus. Ich war so unerfahren: Ich hatte noch nie einen Schlüpfer fallen sehen, in dem eine Slipeinlage klebt. Dann weiß ich nur noch, daß die Nacht sehr kurz war. Denn ich mußte um 9 Uhr bereits zu einer Vertragsunterzeichnung erscheinen. Übrigens hatten wir beide keine nennenswerten Promille.

Es war Sonntagmorgen und ich ging zu Fuß zu mir rüber. Ich war mir zweifelsfrei sicher, daß das der Beginn einer langwährenden (also: als Lebensperspektive angelegten) Bindung war. Für mich war klar: Wenn eine Frau mit mir in die Kiste hüpft, dann bedeutet das das. Finde ich auch heute noch eine schöne Vorstellung. Aber momentan modifiziere ich meine Koordinaten doch ein wenig in der Hinsicht.

Mein Freund hatte sich schon was gedacht, als ich nicht nach Hause kam. Er hatte auch ein Auge auf sie gehabt, aber nun war das für uns drei entschieden. Er würde Jahre später mit ihr zusammenkommen.

Z. und ich hatten verabredet, daß ich am Abend wieder zu ihr kommen würde. Das tat ich dann auch. Sie war sich da gar nicht sicher gewesen. Noch heute kann ich nicht begreifen, wie sie sich nackt mit mir ins Bett legen konnte ohne zu erwarten, daß ich am selben Tag abends noch zu ihr stehe. Ja, ja, ja, viele Leser(innen) werden hier wohl den Kopf schütteln, aber so ein niedliches erotisches Weltbild habe ich mir noch sehr lange Zeit bewahrt.

Fragt mich nicht, aber den Abend haben wir mit uns und sonst nichts, außer Kerzenlicht, verbracht. Sie wollte jetzt mit mir schlafen. Und sie sagte das von sich aus. Ich vermute, wir nahmen einen Gummi, aber schon das folgende Mal sollte ich den weglassen. Sie nahm die Pille. Und das sollte dann das allererste Mal sein, daß ich eine Frau ohne was dazwischen spürte. Dafür lebt Mann.

Es geschah, und ich konnte die große Bedeutung für mein sexuelles Erleben nur denken, nicht wirklich fühlen. Ich hatte zu lange darauf warten müssen. Nicht: darauf warten müssen mit ihr. Sondern darauf warten müssen mit „den Frauen”. Ich war 27. - Die wirklich schönen Nummern, die zum Schwelgen, Augenverdrehen und Augenverdrehen lassen, kamen Jahre später. Große Vertrautheit, erregendes Zu-Hause-an-ihr-Sein.

In einer dieser ersten Nächte waren wir zwölf Stunden zusammen im Bett. Das sollten wir später auch annähernd nicht mehr erreichen. Ich redete sehr viel. Ich hatte eine Zuhörerin gefunden, und sie mußte das über sich ergehen lassen. Meine Probleme. Sie erinnerte mich später daran, und ich war etwas erschrocken, daß ich über die Spannungen mit meinem Vater geredet und geredet habe. Na ja, das war vor meiner Psycho-Analyse, zu der sie mich vier Jahre später auf den Weg brachte. Das würde dann auch der Anfang vom Ende sein.

Ich hoffe doch sehr, daß ich heute ein besserer Zuhörer wäre. Habe das kaum noch verifizieren können. Ich habe gelesen und bin mir sicher, daß Männer, die gute Zuhörer sind, wesentlich bessere Karten haben...

Noch ein letztes: Sie sagte später: Das erste Jahr mit dir war das schwerste. Und ich war leicht erschrocken. Das hatte ich anders erlebt.

Nachtrag 18/01/05: Sie sagte damals, gerade als die Hüllen gefallen waren: „Leider kann ich dir nicht zu mir gratulieren.” Sie hat nie genau erläutert, was sie damit gemeint hat. Jedenfalls waren diese Worte bemerkenswert, und vielleicht auch eine zutreffende Prophezeiung.

Rasierwasser und Nylons

Im folgenden sind Personen-, Orts- und Produktnamen geändert bzw. abgekürzt, außer England und Deutschland. Zeitangaben nicht geändert.

Im Februar 1989 kam ich nach D. Ich begann in B. ein Hochschul-Studium. Weil der Studiengang klein und speziell war, lernten wir wie in einem Klassenverband, ohne die üblichen Durchmischungen. Nachdem das 1. Semester schon etwa zwei Wochen alt war, kam ich aus der Pause in den Klassenraum zurück, und auf dem Platz neben mir saß eine Neue. Ich sagte strahlend zu ihr: „Aha! Eine Neue?” Daß ich das sagte, und wie ich das sagte, geschah ohne Nachdenken und unvorbereitet, und das war auch besser so. Ich habe nachher erfahren, daß ich dabei sympathisch gewirkt habe. Sie fand ich auch nett: blonde Locken, lächelnd, lieb. Aaa-hahaha! Aus Gründen, die ich vergessen habe, habe ich damals gelegentlich mit ihr telefoniert; sie wohnte bei ihren Eltern, und ihre Mutter rief sie mit einem leicht anzüglichen: „Z., komm mal, da ist ein junger Mann für dich am Telefon!” oder so was in der Art. Sie war von einem Austausch aus England extra hergekommen, um sich den Studiengang anzuschauen. War auf der Warteliste nach oben gerutscht. Nach etwa zwei Wochen fand sie, daß das nichts für sie sei, und teilte uns mit, daß sie nach England zurückkehrt. Ich bat sie, das von mir geschätzte und in Deutschland nicht erhältliche Rasierwasser Y. G. von dort für mich mitzubringen, und wir tauschten die Adressen aus. Damals war e-mail in der Allgemeinheit noch unbekannt (man stelle sich das vor!!).

In dem Sommer träumte ich davon, mit einer anderen Frau gleichen Vornamens zusammenzukommen, diese weiß es bis heute nicht. Jedenfalls gingen zwischen Z. und mir einige Briefe hin und her, und Ende August 1989 bekam ich einen Anruf von einer Z. und verwechselte sie prompt mit ihrer Namensvetterin, wofür sie in der Zukunft ein gutes Gedächtnis bewahrte. Sie war zurück in B. und würde eine eigene Wohnung beziehen.

Ich war damals kein Party-Gänger. Jedenfalls war ich neu in B. und las ein Plakat: V.-Fest. Ich schrieb ihr eine Postkarte (steinzeitlich, nicht?), ob wir zusammen hingehen wollen. Ich war gerade umgezogen und Telefon hatte ich noch nicht. Sie war auch neu bei sich eingezogen und hatte wohl auch noch kein Telefon. Kam noch rechtzeitig eine Postkarte zurück: Treffen Samstag 20 Uhr vor der H.

Es waren dann noch ein Freund und von ihrer Seite eine Freundin und ihr Bruder dabei. Buden, die Rocky Horror Picture Show als Open-Air-Kino auf dem Dach vom Casanova. Dann kriege ich die Einzelheiten nicht mehr ganz auf die Reihe. Wir waren wohl erst in einem Eiscafé, wo mein Freund mich unauffällig darauf hinwies, daß die Frau mit ihren Schwarz-Nylon-Beinen unterm Tisch ziemlich nahe an meine kam. Ich halte solche Einzelheiten für Aberglauben und habe dem keine Bedeutung beigemessen. Es hatte auch keine. Danach waren wir wohl in der Sturmfreien Bude (Disco, die für ihre ausländerfeindlichen Türsteher berüchtigt und für ihre Grins-Sonnen-Lampions berühmt ist). Es wurde also etwa 4 Uhr. Wir kamen raus, und es war kühl geworden (Anfang September wie gesagt). Ich bot an, Z. nach Hause zu bringen, es war ein ganzes Stück Weg. Gehört sich so. Mein Freund schmuggelte mir seine Lederjacke zu, die ich ihr als meine anbot. Er ist ein Jacken-Kavalier. Er verzog sich dann, und ich brachte sie nach Hause.

Zwischenbemerkung: Ich hatte mir vornerum (Großhirn) nichts weiter vorgenommen. Keine Initiative, keine Rumkriege versuchen. Würde sowieso nichts werden. Einfach hingehen und mal sehen, wie der Abend wird. Ich war neu in B., das V.-Fest würde sowieso ein interessantes Erlebnis sein.

Ende des ersten Teils. Fortsetzung folgt.

°ei° °ie°e°°e°e°.

Rückschau, Umschau, Vorschau.





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