2001

Donnerstag, 25. November 2004

Mein schönstes erotisches Erlebnis

Ich habe mich an eine Frau drangehängt, die öfter an die Nordsee fährt, alleine, einfach um dort zwischen den Kiefern zu liegen. Sie hat ihre bevorzugte Stelle. Strauchrosen gibt es dort auch. Das ist eine nicht empfehlenswerte Neigung von mir: mich an die Reisepläne von Frauen dranzuhängen. Das empfinden sie (sicher zu recht) als aufdringlich. In diesem Falle gelang es mir, sie begleiten zu dürfen („Hast du am Wochenende schon was vor?”).

Es kostete mich Überwindung, mich direkt neben ihr komplett umzuziehen. Da sie es tat, tat ich es eben auch. Ich traute mich nicht, nach ihrem Körper hinzuschielen. Was wollt Ihr, ich bin erzogen worden von Eltern, deren Eltern Eltern hatten, die noch unter Kaiser Wilhelm erzogen wurden. So was gibt sich weiter.

Wir lagen lange in der Sonne. Oh Mann, Venedig sehen und sterben. Lasen, unterhielten uns lange. Dösten. Schließlich, 14:30 Uhr, beschlossen wir, ins Watt hinauszugehen. Es war ablaufendes Wasser. Ich hatte mein Lebtag keine Vorstellung davon gehabt, was das Watt ist. Es ist wie eine feuchte, braune Wüste. Es ist Schlamm, aber er ist so fest, daß kaum ein Fußabdruck zu sehen ist. (Noch ein Einschub: An der Nordsee gibt es Ebbe und Flut. Aller sechs Stunden steigt bzw. fällt der Wasserspiegel erheblich. Dementsprechend werden Flächen überflutet oder liegen plötzlich frei. Viele Tiere und Pflanzen leben regelrecht damit. Es ist ein schützenswertes Biotop. Zu bestimmten Zeiten ist es möglich, zwischen Inseln zu Fuß zu gehen, wo zu anderen Zeiten Wasser ist.)

Das Wasser war weit hinten. Wir gingen nebeneinander. Die Sonne gab ein Licht auf das Watt, das ich mit Worten schwer beschreiben kann. Hell, aber nicht blendend. Unvergeßlich.

Da sie studierte Biologin ist, konnte sie mir etwas über die Krebse und die verrückt anmutenden Wattwürmer erzählen. Es beeindruckte mich, daß sie sich darauf verstand, einen dieser kleinen Krebse so zwischen die Finger zu nehmen, daß er ihr nichts tun konnte. Ohne mit der Wimper zu zucken. Andere Männer sind mit Oberweite, langen blonden Haaren und eingefrorenem Puppengesicht zu beeindrucken. Mich beeindruckt eine Frau, die ein unverkrampftes Verhältnis zu Krebsen und ein liebevolles Verhältnis zu Spinnen und Kakteen hat.

Reiter und Pferdewagen waren unterwegs im Watt. Wir erreichten die Wasserkante. Sie erklärte mir alles. Ich habe vergessen, ob es das Priel oder der Priel heißt.

Ich war von Anfang an auf sie aus gewesen. Sie gehört zu den Menschen, die ich einmal im Leben sehe und immer wiedererkenne. Apart. Einzigartig. Das mit dem Wiedererkennen ist eine Geschichte für sich. Vielleicht später.

Es gehört zu meinen größten Errungenschaften, daß ich mit ihr dort stand und es über mich brachte, sie zu fragen, ob ich sie hier mal in den Arm nehmen darf. [nota bene: „hier” und „darf”] Die Intuition dazu hatte ich erst auf dem Weg dorthin erhalten. Jede Reaktion war vorstellbar. Schlimmstenfalls mußte ich die 150 km nach *** allein zurück. Meine Angst geohrfeigt zu werden werde ich separat in diesem Blog berichten. Ich hatte auch keine Erwartung, was jetzt zu passieren hatte (natürlich: was Erträgliches). Es geschah etwas für mich Überraschendes. Sie schmiegte sich sofort wortlos an mich. Wir waren ja nur mit (trockenem) Badezeug bekleidet. Dann sahen wir uns kurz in die Augen und küßten uns. Heute sagt mir die Einbildung, daß die Bewegung dazu sogar von ihr ausging. Es waren die weichsten Lippen, die ich je in meinem Leben geküßt habe. Und es war der erste erotische Kuß nach fast fünf Jahren.

Das Zeitgefühl ging verloren dort draußen. Als wir sozusagen wieder aus unserer Verlorenheit auftauchten, war das Wasser, an dessen Saum wir eben (...) noch gestanden hatten, weit hinten. Wir gingen langsam zurück zum Strand. Heute macht es mich traurig, knutschende Pärchen zu sehen. Damals waren wir ein solches. Sie haben einen Freibrief. Immer wieder blieben wir stehen und küßten uns. Was in einem runtergefahrenen Männerkopf da abgeht? Nicht viel. Gleich zu Beginn hatte ich mich an sie gedrückt, Ihr wißt schon wo. Sie hatte keinerlei Unbehagen darüber gezeigt. Es steht in einem so skurrilen Widerspruch zu meiner heutigen Situation.

Als wir zurück am Ufer, bei unserer Decke, waren, legten wir uns enger zusammen. Ich legte meine Hand auf ihre Hüfte. Ich liebe das. Wir unterhielten uns. Schliefen wohl ein bißchen (ich sagte: schliefen). Nähe und Vertrauen. Lange.

Als ich aufstand, trat ich mit der nackten Fußsohle auf meine offen daliegende Brille. Beide Gläser brachen mehrfach. Mein Fuß bleib vollkommen unverletzt. An dieser Stelle braucht es wohl eine Art Symbol-Deuter. Viele Jahre hatte ich diese Brille getragen.

Wir beschlossen, zusammen essen zu gehen. Sie ißt nicht so viel, aber an dem Abend aß sie viel und schwer. Leute, ein Fischrestaurant!! Name auf Anfrage.

Zurück in *** bei mir, sprach ich darüber, ob sie mit zu mir hochkommen wollte. Obwohl ich wußte, daß die Wohnung in einem Zustand war, der selbst eine Nymphomanin selbsttätig wieder zur Tür rausgeboingt hätte. Sie sagte mit Überlegung mehrfach nein. Wir „lagen” noch lange in ihrem am Straßenrand geparkten Auto.

Schließlich verabschiedeten wir uns und sie fuhr nach Hause. Wir waren Arbeitskollegen. Wir hatten in den folgenden Wochen eine kurze, aber feste Beziehung. Sie war von den beiden Frauen, mit denen ich bisher zusammen war, die, von der ich heute noch mit warmherzigen Gefühlen spreche. Noch heute, nach über drei Jahren, hängt ein Bild von ihr bei mir im Flur.

Mit großen Zeitabständen telefonieren wir noch. Später hatte sie schwere gesundheitliche Probleme zu bewältigen.

Wenn ich das so schreibe, ach, dann wünschte ich, es gäbe nicht ein bis wenige Punkte, die uns auseinanderhalten. Sie ist so lieb, so besonders. Sie hat damals „ja” zu mir gesagt. Das verpflichtet mich ihr auf gewisse Weise mein Leben lang. Und sie hat mir gesagt, daß sie sonst meist Nein zu Männern sagt (sonst mein übliches Los!). Sie hat mir noch an dem Abend verraten, daß sie bereits vorher (wir waren in einem sehr interessanten Museum gewesen auf dem Weg zum Meer) die Neigung gespürt hat, mir näher zu sein.

Wer mein Blog weiter mitverfolgen wird, wird sehen, daß dieses Erlebnis in meinem bisherigen Leben eine große Seltenheit dargestellt hat. Umso wertvoller.

Ja, Leute, habt Ihr eine F*ck*f*ck*-Geschichte erwartet? Das war das schönste erotische Erlebnis in meinem bisherigen Leben. Und das sage ich mit schwelgender Bedeutung. Dem wird nur *eine* andere Phantasie noch gerecht. Es ist eine Phantasie: Eine Frau zu küssen auf einem kegelförmigen Hügel oder Berg, wo es nach allen Seiten mit freier Sicht nur runter geht. Oben, auf nur einem Quadratmeter Boden. Sozusagen über der Welt.

Mittwoch, 24. November 2004

Dummy 2001

...

°ei° °ie°e°°e°e°.

Rückschau, Umschau, Vorschau.





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